Erste vollautomatische U-Bahn-Linie 5 wird Realität

Hamburgs erste vollautomatische U-Bahn-Linie U5 wird Realität. Als Kernelement der Mobilitätswende in der Stadt wird sie Fahrgästen künftig einen Mobilitätskomfort auf höchstem Niveau bieten.

U-Bahn in Hamburg, © pixabay.com / Pascal Treichler
U-Bahn in Hamburg, © pixabay.com / Pascal Treichler

Durch den automatischen Betrieb ist die U5 besonders leistungsfähig, mit flexiblen Zuglängen und einer Taktfolge von bis zu 90 Sekunden.

Betrieben mit 100 % Ökostrom bietet sie künftig 180.000 Hamburgern erstmalig einen fußläufigen Zugang zum U-Bahn-System. 270.000 Fahrgäste werden die neue Linie täglich nutzen und damit im Jahr rund 105 Millionen Pkw-Kilometer einsparen.

U5 setzt neue Maßstäbe

Die Hamburger Hochbahn AG (HOCHBAHN) und ihre Tochtergesellschaft HOCHBAHN U5 Projekt GmbH (U5 GmbH) haben sich das Ziel gesetzt, mit dem Bau der U5 ein neues Kapitel in der Errichtung von Verkehrsinfrastruktur aufzuschlagen und dabei das Thema Klimaverantwortung in den Mittelpunkt der Planungen zu stellen.

Erstmals bei einem solchen Infrastrukturprojekt sollen nicht nur die vor Ort entstehenden CO2-Emissionen, sondern auch die komplette Lieferkette berücksichtigt werden.

So soll die klimaschonendste U-Bahn Deutschlands entstehen. Die strategische Ausrichtung beinhaltet aber nicht nur das Heben heute möglicher Reduktionspotentiale. Auch künftige technische Fortschritte im Bereich klimafreundlichen Bauens sollen genutzt werden.

Um diesen Prozess zu initiieren und zu beschleunigen, stehen HOCHBAHN und U5 GmbH in einem engen Austausch mit Unternehmen und Verbänden der Stahl-, Beton- und Zementindustrie.

Das Ergebnis: 70 % der CO2-Emissionen, die bei einem heute üblichen Bauverfahren entstehen würden, lassen sich durch die Reduktionsstrategie einsparen. Zwei unabhängige Gutachten haben die Ergebnisse bestätigt und als "eher defensiv" gewertet.

Anjes Tjarks, Senator für Verkehr und Mobilitätswende: "Der Bau der U5 ist ein Jahrhundertprojekt. Die hochmoderne, automatisch und mit Ökostrom fahrende Linie wird die Mobilität für sehr viele Menschen in Hamburg verändern. Wir wollen aber nicht nur im Betrieb, sondern auch beim Bau eine Vorreiterrolle einnehmen. Deshalb haben wir die CO2-Emissionen beim Bau erstmals zum wesentlichen Bewertungskriterium gemacht. Gemeinsam mit den Partnern aus der Industrie sollen so die CO2-Emissionen beim Bau um 70 % gesenkt werden und während der Bauzeit pro Jahr durchschnittlich weniger als 0,4 % des gesamten CO2-Ausstoßes Hamburgs ausmachen. Das ist ein sehr starkes Zeichen: Wir stellen uns der Verantwortung, die mit dem Bau einer U-Bahn-Linie einher geht."

Henrik Falk, Vorstandsvorsitzender der HOCHBAHN: "Der Bau der U5 läutet eine neue Zeit ein. Erstmalig nehmen wir dabei den gesamten Prozess in den Blick und übernehmen Verantwortung für wirklich alle entstehenden CO2-Emissionen. Besonders wichtig ist der Austausch mit der Industrie, um gemeinsam einen Markt für CO2-arme Baustoffe und -prozesse zu entwickeln. Das wird neue Maßstäbe für den Bau von Verkehrsinfrastruktur in Deutschland setzen."

Eine Reduktionsstrategie für die U5

Vor allem durch den Einsatz von Stahl und Beton entstehen beim Bau der U5 große Mengen an CO2. Mit Hilfe einer umfassenden Reduktionsstrategie sollen diese CO2-Emissionen massiv verringert werden.

HOCHBAHN und U5 GmbH haben dafür zusammen mit dem Ingenieurbüro LPI aus Hannover eine Strategie für die U5 erarbeitet, die sich auf zwei wesentliche Säulen stützt.

Die erste Säule umfasst die Optimierung aller Planungsleistungen, um zum Beispiel den Einsatz der Baustoffe zu verringern, die zweite die CO2-Minimierung im eigentlichen Bauprozess.

Entscheidend für die Reduktionsstrategie sind vier Grundpfeiler:

  1. Es darf keine Abstriche hinsichtlich Funktionalität und Nutzungsdauer der U5 geben.
  2. CO2 wird zu einem Bewertungskriterium für den Bau – genau wie Zeit und Kosten.
  3. Auch die CO2-Emissionen, die an einem anderen Ort oder beim Transport der Baumaterialien entstehen, werden erfasst, die Klimabilanz deckt also den kompletten Herstellungsprozess ab.
  4. Es sollen nicht nur die heute bestehenden Möglichkeiten zur Emissionsverringerung genutzt werden, sondern es soll ein Prozess zur Weiterentwicklung emissionsarmer Herstellungsverfahren vor allem im Beton-, Zement- und Stahlbereich initiiert werden.

Klaus Uphoff, technischer Geschäftsführer U5 GmbH: "Wir wollen die Klimaverantwortung für die gesamte U5 übernehmen. Damit schauen wir noch früher und ganzheitlicher hin und erfassen auch CO2-Emissionen, die außerhalb unseres eigentlichen Bauprojekts entstehen. CO2 wird zu einem Bewertungskriterium wie Zeit und Kosten. Damit steuern wir das Projekt in Richtung klimaschonender Bau der U5."

Die Planung reduziert Materialmengen, passt Bauweisen und Bauprozesse an, installiert ein möglichst emissionsarmes Bodenmanagement (Logistik) und sorgt für eine Auftragsvergabe nur an Unternehmen, die umweltschonende Baustoffe herstellen bzw. verwenden.

Zudem wird auch im Bauprozess ausschließlich Strom aus regenerativen Quellen genutzt. Das gilt beispielsweise auch für den Betrieb der Tunnelbohrmaschine, die beim Bau der U5 zum Einsatz kommen wird.

Als Deutschlands größtes innerstädtisches Infrastrukturprojekt schafft die U5 mit dieser Strategie auch einen relevanten Markt für klimaschonend hergestellte Baustoffe. Nachhaltigkeit wird ein wesentliches Kriterium für den Einsatz von Baustoffen und die Auftragsvergabe.

Und auch die Industrie hat erkannt, dass die Herstellung von Baustoffen umweltschonender werden muss. Schon der bisherige Austausch mit der Industrie bei der Erarbeitung der Reduktionsstrategie hat gezeigt, dass vor allem im Stahlbau und bei der Produktion von Zement und Beton deutliche CO2-Einsparpotenziale zu erwarten sind.

Henrik Falk: "Wir wollen hier ganz bewusst in die Treiberrolle gehen, wie wir es auch schon bei der Beschaffung der E-Busse gemacht haben. Wir können es uns schlicht nicht leisten zu warten, ob irgendwann ein Markt für CO2-arme Baustoffe entsteht. Mit der klaren Ausrichtung der U5 auf eine klimaschonende Bauweise setzen wir ein deutliches Signal an die Industrie, dass es hier eine relevante Nachfrage nach entsprechenden Vorprodukten gibt."

Für das Zielszenario setzt die U5 GmbH schon heute nur noch klinkerarme Zemente beim Bau der U5 ein. Ab 2025 kommt dann CO2-reduzierter Stahl hinzu und ab 2028 sollen nur noch Zemente mit anteiliger CO2-Abscheidung (Abspaltung und Speicherung von CO2) im Herstellungsprozess verbaut werden.

2035 sollen dann schon Zemente mit 100 %-CO2-Abscheidung im Herstellungsprozess verfügbar sein. Mit diesen Einsparungen auf Materialebene kann der CO2-Ausstoß des Baus der gesamten U5 auf rund 850.000 Tonnen verringert werden.

Würde die U5 ohne die jetzt eingeleitete Reduktionsstrategie gebaut, hätte der Wert der CO2-Emissionen bei etwa 2,7 Millionen Tonnen gelegen.

Die Annahmen und das Vorgehen der Reduktionsstrategie und die zu erwartenden industriellen Entwicklungen sind von zwei externen Gutachten der Uni Innsbruck und der STUVA unabhängig überprüft und als realistisch bestätigt worden.

Beide Gutachten gehen sogar davon aus, dass die Einsparungen von rund 70 % durch noch stärkere Fortschritte in der industriellen Entwicklung, als in der Strategie unterstellt, noch übertroffen werden können.

Steuerung und Transparenz durch Monitoring

Für eine wirkungsvolle Steuerung und eine hohe Transparenz soll der tatsächliche CO2-Ausstoß des Baus über die gesamte Bauzeit genau überwacht werden.

Die CO2-Bilanzierungsprognose erfolgt auf Basis der tatsächlichen Daten, Optimierungen und industriellen Entwicklungen. Damit wird das Monitoring der CO2-Emissionen Teil des Risikomanagements für die U5.

Es handelt sich dabei um einen laufenden Prozess, der sich dynamisch den Planungstiefen der Teilprojekte anpassen muss und durch neue Erkenntnisse fortgeschrieben wird.

So soll die neue U-Bahn nicht nur durch den modernsten und klimaschonenden Betrieb neue Maßstäbe setzen, sondern auch durch einen Bau, der alle Möglichkeiten zur CO2-Reduktion heute und in der Zukunft nutzt.

Aktueller Projektstand

Für den ersten Abschnitt der U5 von Bramfeld in die City Nord laufen aktuell die Leitungsverlegungen als vorbereitende Arbeiten für den Bau des Tunnels und der Haltestellen.

Am 30. September 2022 erfolgt der feierliche Spatenstich für Hamburgs neue U-Bahn-Linie. Der Probebetrieb auf dem ersten Abschnitt ist für Ende 2027 geplant.

Die Reduktionsstrategie "Neubauprojekt U5 Hamburg - THG-Bilanzierung und Roadmap" ist online unter hochbahn.de abrufbar.

Quelle: Behörde für Verkehr und Mobilitätswende

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