Neue Perspektiven im Handwerk: Hamburgs Antwort auf den Fachkräftemangel

Über 15.000 Handwerksbetriebe, etwa 105.000 Beschäftigte und ein jährlicher Nettoumsatz von mehr als 11 Milliarden Euro (Stand 2019) – das Handwerk spielt eine bedeutende Rolle in Hamburgs Wirtschaft. Der Mangel an Fachkräften stellt allerdings seit Jahren das größte Geschäftsrisiko für zahlreiche Handwerksbetriebe in Hamburg dar.

Handwerker, © Pixabay/neelam279
Handwerker, © Pixabay/neelam279

In enger Zusammenarbeit mit Vertretern aus Wirtschaft, Politik und weiteren Bereichen hat die Handelskammer Hamburg eine Strategie zur Bewältigung dieses Problems entwickelt und kürzlich der breiten Öffentlichkeit vorgestellt.

Aktuelle Situation und Herausforderungen

Hamburg steht wie viele deutsche Städte vor einer großen Herausforderung: dem Fachkräftemangel im Handwerk. Laut aktuellen Zahlen der Handwerkskammer Hamburg fehlen in der Stadt mehrere tausend Fachkräfte im Handwerk. Die Prognosen für den Hamburger Arbeitsmarkt deuten darauf hin, dass der Fachkräftemangel weiter stark zunehmen wird. Bis zum Jahr 2035 könnten in Hamburg etwa 133.000 Fachkräfte und 27.000 Arbeitskräfte in Hilfsberufen fehlen, und das trotz fortschreitender Automatisierung.

Besonders betroffen sind Branchen wie das Bau- und Ausbaugewerbe, die Elektro- und Metalltechnik sowie das Sanitär-, Heizungs- und Klimahandwerk. Diese Lücke hat spürbare Auswirkungen: längere Wartezeiten für Kunden, steigende Preise und eine Überlastung der vorhandenen Fachkräfte. Doch die Hansestadt lässt sich davon nicht entmutigen. Mit einer Vielzahl innovativer Lösungen und Initiativen kämpft Hamburg aktiv gegen dieses Problem an.

Initiativen und Projekte der Stadt Hamburg

Um dem entgegenzuwirken, setzt Hamburg auf eine multimodale Strategie und geht das Problem von mehreren Seiten an. So hat die Handelskammer Hamburg kürzlich mit ihrer Fachkräftestrategie "Hamburg 2040" die Ergebnisse einer umfassenden Untersuchung zur Fachkräftesituation in Hamburg vorgestellt. Dieser neue Meilenstein ergänzt den bestehenden Zukunftskurs "Hamburg 2040: Wie wollen wir künftig leben – und wovon?" und nimmt sich einem der dringendsten wirtschaftlichen Probleme an.

Die Strategie baut auf der "Hamburger Strategie zur Sicherung des Fachkräftebedarfs" aus dem Jahr 2013 auf und analysiert aktuelle Stärken sowie Schwächen, spricht die dringendsten politischen Handlungsbedarfe an und präsentiert laufende Initiativen sowie beispielhafte Maßnahmen.

Die Strategie fokussiert sich auf die Förderung von Ausbildung und Weiterbildung, die Schaffung attraktiver Arbeitsbedingungen und die Integration von technologischen Innovationen in die Ausbildungsprozesse. Ein zentrales Element ist das neu eingeführte Modell der "Dualen Karrierepfade", das jungen Menschen ermöglicht, gleichzeitig eine Ausbildung zu absolvieren und berufliche Erfahrungen zu sammeln.

Darüber hinaus engagiert sich die Handelskammer für die Einrichtung von betriebseigenen Wohnheimen für Auszubildende, um die Attraktivität der Lehrstellen zu steigern und jungen Menschen den Einstieg in das Berufsleben zu erleichtern. Dieses Konzept wird bereits in einigen Branchen erfolgreich umgesetzt und soll nun stadtweit ausgeweitet werden.

Innovative Ausbildungskonzepte

Um die Attraktivität der beruflichen Orientierung und der dualen Berufsausbildung zu steigern, bedarf es erheblicher Anstrengungen. Eine effektive Methode hierfür, auf die die Stadt Hamburg setzt, ist die Einbindung von Unternehmern und Auszubildenden in Berufsorientierungsmaßnahmen.

Diese Maßnahmen zielen darauf ab, die vielfältigen Möglichkeiten und Vorteile der dualen Ausbildung individuell herauszustellen und bieten eine Plattform für ein erstes Kennenlernen zwischen den Beteiligten. Zudem existieren in der Hansestadt zahlreiche Kooperationen zwischen Schulen und Unternehmen, die weiter intensiviert werden sollten.

Ein Musterbeispiel für gelungene berufliche Bildung ist die Stadtteilschule Kirchwerder, die seit vielen Jahren eng mit Hamburger Unternehmen zusammenarbeitet. Als aktives Mitglied im Arbeitskreis Schule-Wirtschaft Bergedorf hat die Schule zahlreiche Möglichkeiten für ihre Schülerinnen und Schüler geschaffen, darunter mehrwöchige Betriebspraktika, Schnupper- und Praxislerntage sowie Unternehmensbesichtigungen.

Zudem bietet die Schule Kooperationen im MINT-Bereich an, wie etwa in technischem Zeichnen. Diese engagierte Partnerschaft wurde mit dem "Berufswahlsiegel Hamburg 2022-2026" gewürdigt.

Förderung von Jugendlichen und Quereinsteigern

Hamburg legt besonderen Wert darauf, Jugendliche für Handwerksberufe zu begeistern. Das Projekt "Handwerk macht Schule" bringt Handwerksmeister direkt in die Klassenzimmer, um praxisnah über ihre Berufe zu informieren. Zusätzlich gibt es spezielle Förderprogramme für Quereinsteiger, die den Wechsel in einen Handwerksberuf erleichtern. Ein Erfolgsbeispiel ist das "Traumjob Handwerk-Programm", das Umschulungen und Weiterbildungen finanziell unterstützt.

Technologische Innovationen und Digitalisierung

Hamburg setzt auch stark auf die Digitalisierung im Handwerk. Das Förderprogramm "Hamburg Digital" hilft kleinen und mittleren Unternehmen aus Industrie und Handwerk sowie Freiberuflern in Hamburg, auf neue digitale Systeme und Geschäftsmodelle umzusteigen. Das Programm bietet Workshops und Schulungen an, in denen Handwerker den Umgang mit digitalen Werkzeugen und Plattformen erlernen.

Darüber hinaus gibt es weiter Förderprogramme und -projekte, wie zum Beispiel "Innovation Handwerk". Dieses Programm zielt darauf ab, die Integration des Handwerks in das Innovationsökosystem Hamburgs zu stärken. Der Senat plant, Kooperationen zwischen Handwerksbetrieben und Start-ups zu fördern, um wertvolle Lernerfahrungen für alle Beteiligten zu ermöglichen.

Monteurzimmer als Lösungsmöglichkeit

Ein innovativer Ansatz, der in Hamburg zunehmend an Bedeutung gewinnt, sind Monteurzimmer. Diese speziell auf die Bedürfnisse von Handwerkern zugeschnittenen Unterkünfte bieten eine praktische Lösung für Fachkräfte, die vorübergehend in der Stadt arbeiten. Dabei hat auch die Stadt Hamburg erkannt, dass Monteurzimmern und Monteurwohnungen ein wichtiger Baustein zur Bekämpfung des Fachkräftemangels sein können und setzt sich stark für die Erweiterung dieses Konzepts ein.

Die Stadt Hamburg unterstützt diese Entwicklung durch die Bereitstellung von Informationen und Ressourcen für Unternehmen, die Monteurzimmer anbieten möchten. Zusätzlich werden durch stadtplanerische Maßnahmen die Voraussetzungen geschaffen, dass solche Wohnkonzepte effizient integriert werden können. Monteurzimmern in Hamburg bieten eine Vielzahl an Vorteilen:

  • Sie ermöglichen es Betrieben, Aufträge in Hamburg anzunehmen, auch wenn sie nicht vor Ort ansässig sind.
  • Handwerker können flexibel und kostengünstig in der Stadt arbeiten, ohne lange Anfahrtswege in Kauf nehmen zu müssen. Durch die Nähe zum Arbeitsplatz werden Reisezeiten minimiert, was den Handwerkern ermöglicht, nach der Arbeit mehr Freizeit zu genießen.
  • Die lokale Wirtschaft profitiert von zusätzlichen Fachkräften, die temporär in der Stadt arbeiten.

Fazit

Hamburger Handwerksbetriebe stehen vor enormen Herausforderungen durch den anhaltenden Fachkräftemangel, der sich negativ auf Umsatz, Kundenservice und die Arbeitslast der vorhandenen Mitarbeiter auswirkt. Die Stadt Hamburg und die Handelskammer reagieren jedoch proaktiv mit umfassenden Strategien, die auf Ausbildung, attraktive Arbeitsbedingungen und technologische Innovationen abzielen.

Mit Initiativen wie dem "Masterplan 2030" und der Fachkräftestrategie "Hamburg 2040" unterstützt die Stadt Hamburg den Nachwuchs, die Bereitstellung neuer Gewerbeflächen sowie die Digitalisierung der Betriebe, sodass die Zukunft des Handwerks in der Hansestadt trotz der vielfältigen Schwierigkeiten vielversprechend aussieht.

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